Chronik

Aus der Wittichenauer Karnevalschronik (Auszüge) von Chronist und Kappenbruder Egon Hantschke.

Der Begriff Karneval bedeutet übersetzt Carne vale – Fleisch lebe wohl. Die Fastnacht, Fasenacht oder auch Fasching, wie es in anderen Regionen heißt, werden in den katholischen Hochburgen vor dem Aschermittwoch gefeiert. 1706 wurde in Wittichenau das Winteraustreiben durchgeführt. Verhüllte Kinder zogen einen Schneemann auf einem Schlitten zur Stadt hinaus. Da es am nächsten Tag schöner wurde, wiederholte man es in den kommenden Jahren und feierte mit Wittichenauer Bier. Mit dem Aschermittwoch begann die 40-tägige Fastenzeit. Neben dem Winteraustreiben der Kinder wurde auch hier, wie in anderen Gegenden, Fasching gefeiert. Der Maskenball zog immer wieder die Menschen in seinen Bann, so sagen es die mündlichen Überlieferungen.

Chronik des Wittichenauer Karnevals

1780 wütete eine große Feuersbrunst, die fast die ganze Stadt einäscherte und das Rathaus auf dem Marktplatz völlig zerstörte. 1823 wurde es nach dem letzten großen Stadtbrand abgetragen. Dadurch blieben keine Aufzeichnungen von den Faschingstagen dieser Zeit erhalten. 1838 Daß trotzdem Maskenbälle stattfanden, lesen wir in einer späteren Aufzeichnung vom Jahre 1838. 1843 Im Hoyerswerdaer Wochenblatt, gegründet 1843, sind Reklamen von Wittichenauer Gastwirten ab 1844 zu lesen. Sie laden zu Maskenbällen ein. 1879 wurde das Wittichenauer Wochenblatt gegründet und schrieb von nun an umfangreich über diese Faschingsereignisse. 1881 sorgte der frisch gegründete Kath. Gesellenverein im Ort für eine spürbare Belebung zur Faschingszeit. 1898 führten die Gesellen einen Maskenumzug durch die Stadt durch. Andere Vereine organisierten später ebenfalls Veranstaltungen. (Feuerwehr, Radfahrerclub, Turnverein) 1904 wurde vom Gesellenverein der Elster-Rheinische Karnevalsumzug (Foto) veranstaltet, der auf die Übernahme aus dem Rheinland durch die wandernden Gesellen hinweist. 1914 waren im Umzug dann schon viele närrische Wagen zu sehen und Prinz Karneval regierte an den Faschingstagen. Es ist auch festzustellen, dass neben der Bezeichnung Fasching auch von der Karnevalszeit geschrieben wurde. Das blieb so bis in die Jahre nach dem 2. Weltkrieg.

Originalfoto von 1904

Titel der Festzeitung 1935

Liedtext 1935

1915- 1917 gab es keine Umzüge. Gefeiert wurde nur im privaten Bereich. Von 1928 ist uns zum ersten Mal ein Prinz mit seinem Namen bekannt.  Es war Herr Michael Graf. 1929 Da die Veranstaltungen weiter zunahmen, wurde 1929 vom Kath. Gesellenverein das Faschingskomitee gegründet und als Elferrat (nach Mainzer Vorbild) benannt. 1933 wurde der Umzug durch SA-Leute aus Wittichenau und Hoyerswerda zerstört. Ein Wagen mit einem rückwärts laufenden Pferd war der Anlass. Er wurde als Kritik am Nationalsozialismus verstanden. 1933 Der Elferrat wurde verboten und der Vierzehnerrat (Foto) durch den Bürgermeister am 16. Dezember 1933 gegründet. (Wohl einmalig in Deutschland) Erster Präsident des Vierzehnerrates war Brauereibesitzer Ernst Kircher. 1934 gab es einen Kinderumzug am Rosenmontag, am Faschingsdienstag war dieser Umzug für Erwachsene. Ab 1960 wurde er für alle als „Großer Umzug” am Rosenmontag durchgeführt.

Erster 14Rat von 1935

1940 – 1945 gab es keine Umzüge. Auch hatte die sowjetische Militäradministration  von 1945 bis 1950 sämtliche Vereine verboten. 1949 gab es wieder einen Kinderumzug durch die Stadt, aber mit Maskenverbot. 1950 Mit der Gründung der DDR durfte 1950 wieder Fasching/Karneval gefeiert werden. Im selben Jahr gründete sich wieder der Vierzehnerrat mit Präsident Eduard Glaab (Brauereibesitzer) Ein erster kleiner Umzug nach dem Krieg erfolgte. 1951 fand der erste Kappenabend in Wittichenau statt. 1951 Gründung der Mädchengarde, auch Prinzengarde und später Stadtgarde genannt. 1952 Gründung der Funken rot/weiß, ab 1954 nach dem Faschingsschlager Rote Funken genannt. 1953 regierte zum ersten Mal ein Prinzenpaar (Prinz und Prinzessin) und Hofmarschall. 1955 Gründung der Langen Garde. 1956 – 1973 war Kappenbruder Alwin Schenker Präsident des Vierzehnerrates. Der sozialistische Staat wollte durch den Kulturbund der Stadt Einfluss auf die Gestaltung der närrischen Zeit nehmen. Der Vierzehnerrat lehnt dies ab, unterstellt sich nicht der SED, der Nationalen Front und Kulturbund – dadurch keine staatlichen Förderungen.

Büttenredner 1963

1968 und 1969 fanden keine Kappenabende statt und auch der Umzug und Tanzveranstaltungen im großen Saal der Stadt fielen aus (der Saal war gesperrt). Daraufhin zogen zur Faschingszeit Jugendliche 1969 mit Kränzen, Fahnen und schwarzen Anzügen durch die Stadt zum Friedhof und bekundeten, dass der Fasching wohl zu Grabe getragen werden soll. Bereits im Herbst wurde der Saal dem Fasching wieder für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt. 1973 wurde der Internationalen Frühschoppen für die Männerwelt gegründet. 1975 Neuer Präsident wurde Gottfried Glaab (Sohn v. Ehrenpräsident Eduard Glaab) 1988 Trotz vielerlei Schwierigkeiten und Aussprachen mit staatl. Organen und Parteien zu Kritiken in der Bütt und Sprüchen auf den Umzugswagen organisiert der Vierzehnerrat den Frühschoppen, Kappenabende, Kostümfeste, Maskenbälle und unterstützt den Weiberfasching ab 1988.

Int. Frühschoppen 1973

Postkarte 1981

„Wittichenau – Hochburg des Oberlausitzer Karnevals”. Viele Freunde sind auch aktiv zur Wendezeit und übernehmen nach dem Mauerfall Verantwortung in Staat und Wirtschaft. 1990 ist es in Wittichenau daher normal, wenn der Prinz seine Saison unter das Motto stellt: „Deutschland, einig Narrenland”. 1990 Der „Wittichenauer Karnevalsverein e.V.” wird gegründet, kath. Geistliche halten jährlich vor dem Aschermittwoch eine Büttenrede in der Kirche und unsere Faschingsschlager ertönen immer wieder an den närrischen Tagen.

So können wir auch stolz sein, dass die beliebtesten Faschingsschlager von Wittichenauern geschaffen wurden. Erwähnt sei Theodor Korch, Leonhard Popella, Günter Popella, Alwin Schenker, Udo Popella mit den Komponisten Jan Zomack, Franz Riest und unserem „Mozart” Paul Scholze.

Prinzenwagen 1991

Prinzenwagen 1995


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